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Autofreie Haushalte

Im gesamtschweizerischen Vergleich leben durchschnittlich 22% der Haushalte ohne eigenes Auto (Zahlen für 2015). Bei den Ein-Personen-Haushalten sind es gar 42%, bei Mehr-Personen-Haushalten hingegen deutlich weniger.

Der Anteil an autofreien Haushalten in den Städten steigt (siehe auch Tabelle): in Basel (52%), Bern (57%) und Zürich (53%) besitzt 2015 über die Hälfte aller Haushalte kein eigenes Auto mehr, 15 Jahre vorher waren es noch 45 % in Basel resp. 42% in Bern und Zürich. Auch in Luzern besitzt 2015 fast die Hälfte der Haushalte kein Auto mehr (44%), in den Städten St.Gallen und Winterthur sind es je fast 40%. Der Durchschnitt aller Agglomerationskerngemeinden beträgt rund 27%.

Auch in den beiden Grossstädten in der Romandie ist die Zahl der autofreien Haushalte zwischen 2000 und 2015 stark gestiegen: In Genf von 30% auf 41%, in Lausanne von 34% auf 46%.

Anteil der autofreien Haushalte (Quelle: ARE/BFS, Mikrozensus Mobilität und Verkehr; Universität Lausanne)
 20002005201020152021
Schweiz19.9%18.8%20.8%22.0%22.0%
Basel45.3%52%54.9%52.1%54%
Bern42.2%44.9%53.2%56.8%56%
Genf30.1%36.1%40.4%40.9% 
Lausanne34.4%34.5%44.3%46.3% 
Luzern42.0%44.0%47.0%
St. Gallen33.0%39.0%34.0%
Winterthur33.0%37.0%38.0%
Zürich42.2%44.3%48.3%52.8%53%

Die 2015 erstellte Analyse zum autofreien Lebensstil in der Schweiz hat aufgezeigt, dass sich unter den Autolosen vier Cluster unterscheiden lassen: „Unterprivilegierte Urbane“, „Urbane Eliten“, „Einkommensschwache Renterinnen“ und „Mittelständische Alte“. Freiwillig autolos sind vor allem die „Urbanen Eliten“. Deren Anteil hat sich zwischen 1994 und 2010 erhöht. 2010 gehören rund 27% aller autofreien Haushalte der Schweiz der Gruppe der „Urbanen Eliten“ an. Haefeli und Bieri stellen dazu fest: „Es zeigt sich also in den Schweizer Städten eine stabile Tendenz zu einem bewusst gewählten autofreien Lebensstil.“

Eine weiterführende Untersuchung von den gleichen Autoren aus dem Jahr 2020 mit telefonischen Befragungen und Spezialauswertungen für die Stadt Zürich hat ergeben, dass knapp über die Hälfte der autofreien Haushalte freiwillig ohne eigenes Auto leben (53%). Für die autobesitzenden Haushalte wird der Anteil der Haushalte mit Umsteigepotential auf knapp unter die Hälfte geschätzt (43%). Für die Stadt Zürich gilt: Die freiwillig Autolosen sind eher weiblich, jünger, besser gebildet und häufiger mit Kindern. Das Einkommen spielt für die Autolosigkeit eine untergeordnete Rolle. Ein Rebound-Effekt zu mehr Flugtourismus ist in dieser Gruppe nicht festzustellen.

Quellen:

Verändertes Mobilitätsverhalten

Das Mobilitätsverhalten der SchweizerInnen, insbesondere der Jungen, hat sich in den letzten 20 Jahren verändert. Insbesondere der Führerscheinbesitz und der GA-Besitz: Bei den 18-24-Jährigen besassen 1994 noch 71% einen Führerschein, 2015 waren es noch 61%. Der GA-Besitz hingegen stieg von 10% 1994 auf 20%. Dieser Trend scheint aufgrund der aktuellen Mikrozensus-Daten stabil zu sein. Der Auto- und Führerscheinbesitz hat bei den Jungen generell an Attraktivität eingebüsst. Auch die stärkere Bedeutung von Mobility und anderen Formen der geteilten Mobilität weisen in diese Richtung.

Sehr wichtig ist auch der Zusammenhang zwischen der Dichte des bebauten Gebietes und den konkreten Angeboten vor Ort. Je dichter gebaut wird, desto weniger motorisierter Individualverkehr (MIV). Durch das verdichtete Bauen – und die höhere Dichte an potentiellen KundInnen – werden Ladengeschäfte rentabel. Damit sind die Geschäfte auch in Fuss- und Velodistanz erreichbar. Aus einer Metron-Studie wird ersichtlich, dass bei grosser Dichte an Detailshandelsgeschäften bis zu 58% der KundInnen zu Fuss unterwegs sind – bei entsprechend geringerem MIV-Aufkommen.

Ein Hinweis auf das veränderte Mobilitätsverhalten liefert auch die Entwicklung des Motorisierungsgrades in den Städten verschiedener Grössenklassen. In den Grossstädten (ab 100’000 Einwohner*innen) hat der Motorisierungsgrad seit 2010 leicht abgenommen, in den beiden anderen Grössenklassen ist er zwischen 2010 und 2016 leicht gestiegen. Seit 2017 nimm er in den Städten mit mehr als 15’000 Einwohner*innen wieder ab. Einzig die Städte mit weniger als 15’000 Einwohner*innen verzeichnen seit 2010 eine stetige Zunahme.

Quellen:

Parkplatzleerstand

Das Bild ist bekannt: Schilder mit „Parkplätze zu vermieten“ sieht man in den grösseren Städten, aber auch in vielen Agglomerationsgemeinden fast an jeder Ecke. Dass dieser Eindruck nicht täuscht, bestätigt eine Untersuchung in der Stadt Zürich. Diese hat ergeben, dass rund 10% der Parkplätze von Wohnbauten leerstehen.

Gemäss den Zahlen der Bruppacher Verwaltungs AG stehen in den sehr zentralen Lagen in den Kreisen 1/2/8 mit hohen Preisen ca. 0 – 5% der Parkplätze frei. In den äusseren Stadtzürcher Kreisen wie Schwamendingen, Oerlikon, Seebach usw. sind es gegen 10% oder mehr.

Auch die Credit Suisse ist bei einer Auswertung ihrer Wohnliegenschaften in der ganzen Schweiz zum Schluss gekommen, dass in sehr gut erschlossenen Gemeinden hohe Parkplatz-Leerstände bestehen. Durchschnittlich 29% sind unvermietet, wobei die einzelnen Werte zwischen 0% und 68% liegen. Bei gut erschlossenen Gemeinden liegt der Durschnittswert unvermieteter Parkplätze immerhin noch bei 14%, wobei es auch hier Siedlungen gibt, die 30% Leerstand aufweisen.

Gemäss aktuellen Zahlen der Credit Suisse über den Schweizer Immobilienmarkt 2020 sind die Leerstände von Parkplätzen – über alle Liegenschaften unabhängig von ihrer Nutzung sowie über alle Regionen hinweg – für hohe 11% der Soll-Mieterträge verantwortlich. Die regionalen Unterschiede sind gross. In der Zuger Region Lorzenebene/Ennetsee belaufen sie sich auf nur 5%, in Region Glattal auf 24.5%. Die Ertragsausfälle sind bei den Parkplätzen spürbar höher als bei den Wohnungsflächen. Gemäss Credit Suisse zeigt die vorliegenden Auswertungen, dass die Anzahl Parkplätze bereits heute deutlich zu hoch sind und dass dies zu nicht vernachlässigbaren Mietertragsausfällen führt.

Verschiedene Gemeinden stützen diesen Befund ebenfalls. In Kantonen wie Basel-Land, wo kaum Spielraum besteht für eine Reduktion der Parkplatzzahl, haben sie von mehreren Investoren die Rückmeldung erhalten, dass zu viele Parkplätze erstellt werden müssen und diese nicht vermietet werden können.

Auch eine aktuelle Befragung ihrer Mitglieder der Vereinigung Münchener Wohnungsunternehmen kommt zum Schluss, dass in der bayrischen Landeshauptstadt zu viele Parkplätze gebaut werden müssen: 1 Platz pro Wohnung ist vorgeschrieben, die Realität zeigt aber, dass meist nur etwa die Hälfte davon gebraucht wird – 0,5 würde also als Norm ausreichen.

Quellen:

Parkplatzerstellungskosten

Gemäss übereinstimmenden Angaben von verschiedenen Bauherren, muss beim Bau eines Einstellhallen-Parkplatzes mit Kosten von mindestens 30‘000 CHF pro Parkplatz gerechnet werden. Bei einem absehbaren Leerstand wird dieser Betrag schnell zu einem finanziellen Risiko für die Investoren, bzw. er wird einfach auf die Wohnungsmieten abgewälzt.

Die Untersuchung von 2010 in der Stadt Zürich hat gezeigt, dass für Garagenplätze zwischen 80 und 170 CHF bezahlt werden muss, je nach Standort. Wenn man bedenkt, dass die Erstellungskosten zwischen 30‘000 und 60‘000 CHF pro Abstellplatz liegen, betragen die monatlichen Kosten mit einer Bruttorendite von 6% (inkl. Unterhalt) zwischen 180 und 360 CHF. Daraus folgt, dass mit den Mietpreisen die Kosten nicht gedeckt werden können und folglich eine systematische Quersubventionierung von Wohnparkplätzen stattfindet – alle, auch die autofreien MieterInnen, bezahlen dafür.

Gemäss Zahlen der E’xact Kostenplanung AG aus dem Jahr 2018 belaufen sich die Erstellungskosten für einen Einstellhallen-Parkplatz – ohne Landkosten – auf CHF 35’000 bis 60’000.-; Die Verkaufspreise belaufen sich auf CHF 25’000 bis 50’000.- Die Preise können je nach Projekt kostendeckend sein, allerdings ohne Einbezug der Landkosten.

Eine Untersuchung aus München kommt zu den selben Schlüssen: autofreie MieterInnen bezahlen für Mieter mit Auto die von ihnen nicht benutzten Parkplätze mit, da diese zu günstig vermietet werden. Ausserdem zeigt eine Befragung aus der bayrischen Landeshauptstadt, dass aufgrund der hohen Parkplatzerstellungspflich von einem Platz pro Wohnung die Immobilienpreise in die Höhe getrieben werden.

Selbst im Autoland USA sind die Kosten für die Erstellung von Parkplätzen inzwischen ein Thema, wie ein Artikel von Citylab zeigt.

Quellen:

Private und öffentliche Parkplätze

Im Kapitel Parkplatzleerstand ist die historische Entwicklung der Verfügbarkeit von Privatparkplätzen nachgezeichnet. Gerade in Orten, wo immer noch eine restriktive Parkplatzerstellungspflicht herrscht, werden Parkplatzleerstände produziert. Diese Leerstände kosten die Verwaltungen viel Geld. Geld, welches schliesslich durch die Mieter*innen bezahlt wird, da die Verwaltungen die Kosten in der Regel auf die Mietenden abwälzen. Die Leerstandproblematik bei Privatparkplätzen wird durch die Vorschriften und Regelungen bei den öffentlichen Parkplätzen gar noch verschärft. Denn die privat erstellten und von den Bauherren zu amortisierenden Parkplätze stehen in Konkurrenz mit diesen. Wieso soll eine Mieter*in monatlich 150 oder 200 Franken für einen Parkplatz in der Tiefgarage bezahlen, wenn er oder sie von der Gemeinde einen Stellplatz beispielsweise in der Stadt Basel für sehr günstige 280 Franken pro Jahr erhält? Der Grund für die günstigen Tarife ist in der Bundesverfassung zu finden, welche die Bepreisung der Strassenbenützung praktisch verunmöglicht. Art. 82, Abs. 3 BV besagt nämlich, dass Ausnahmen für ein «Road pricing» von der Bundesversammlung zu beschliessen sind. Dies geschah in der Geschichte der Schweiz bisher ein einziges Mal – nämlich mit der Genehmigung der Strassenbenützungsgebühr des 1964 eröffneten Tunnels am Grossen Sankt Bernhard. Daher ist es den Städten nur in reduziertem Umfang möglich, für die Benützung der Strassen – respektive der Strassenparkplätze – Gebühren zu erheben. Die Stadt Zürich etwa erhebt eine «Kontrollgebühr» für den «Gemeingebrauch» in der blauen Zone und eine etwas höhere «Kontrollgebühr» plus «Nutzungsgebühr» für «gesteigerten Gemeingebrauch» in der weissen Zone. Auch in Zürich gelten Tiefpreise für Strassenparkplätze: hier kostet eine Anwohnerparkkarte 300 Franken pro Jahr.

Die einzige Möglichkeit für Städte, ihr Gebiet verkehrsärmer – und damit weniger lärm- und schadstoffbelastet, sicherer und mit mehr Lebensqualität für ihre BewohnerInnen – zu gestalten, besteht darin, die Zahl der verfügbaren Parkplätze zu verknappen.

Zahlen und Fakten zur Konkurrenzsituation zwischen privaten und öffentlichen Parkplätzen:

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